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"Köpfe der OLG Chur" : Albert Bilgerig

Mit Albert Bilgerig nehmen wir ein Urgestein der Schweizer OL-Szene und Gründungsmitglied der OLG Chur unter die Lupe. Er gehörte bereits in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts dem Nationalkader an. Doch wir wollen nichts überstürzen, sondern alles schön der Reihe nach erzählen.

Wie bist du in den 50er Jahren zum OL gekommen? Wie wurde OL damals betrieben und welches Kartenmaterial stand zur Verfügung?

Willst Du das wirklich alles hören? Das ist eine mehrseitenfüllende Geschichte… also Auszüge davon:

Vom OL-Virus befallen wurde ich bereits Mitte der 40er Jahre, als ich mit meinem Vater als „Postenmann“ im Wald stand. Das Stehen war mir schnell verleidet, ich wollte auf die andere Seite, ich wollte laufen und finden. Damals gab es nur Mannschaftsläufe und alle Posten waren besetzt. Im obligatorischen Kadettenunterricht während der Schulzeit, also anfangs der 50er Jahre, hatten wir an Postenläufen teilzunehmen. An jedem Posten waren diverse Aufgaben zu lösen, da ich nicht so gut im Kopfrechnen war wurde mir die Karte überlassen. Das war gut so, ich konnte das einfach so und von da an gab ich die Karte nie mehr aus den Händen!

OL konnte man damals nicht lernen, denn OL-Vereine oder -Gruppen gab es noch keine. Bei den Pfadfindern, Jungwächtern und Kadetten war der Postenlauf und damit das Kartenlesen Teil der Grundausbildung. Ruderer, Radfahrer, Langläufer, Leichtathleten und Turner wie ich betrieben OL als Ausgleichssport, irgendeiner in der Mannschaft konnte ja schon mehr oder weniger Kartenlesen. In dieser Zeit kam das Lösen von Postenaufgaben so langsam aus der Mode und der OL als Einzelsport gewann an Bedeutung. Die Metamorphose von Postenlauf zum Orientierungslauf war vollzogen.

Schwarzweiss waren die Karten, die damals zur Verfügung standen, anfangs zum Teil noch die Dufourkarte 1:50'000 mit Schraffur an Stelle von Höhenkurven, danach folgte die Siegfriedkarte mit je nach Gelände lausigen Höhenkurven aber immerhin 1:25'000. Dies war der Vorläufer unserer heutigen Neuen Landeskarte, welche allmählich ab Mitte der 50er Jahren zum Einsatz gelangte. Ein Meilenstein in der Kartografie. Zu meiner Freude durfte ich die ganze OL-Kartenentwicklung von der schwarzweissen Dufour- bis zur modernen, detailreichen, genauen und mehrfarbigen OL-Karte 1:15'000 in Wettkämpfen miterleben.

1955 gewann ich mit meiner Mannschaft in der Kategorie VU (Vorunterricht, Vorgänger von J+S) erstmals einen OL. 1956 erster Start an einem Einzel-OL und gleich ein 2. Rang! Das gab Appetit auf mehr und von da an verlegte ich das Schwergewicht vom Geräteturnen auf das Laufen und Orientieren im Wald.

Wie bist du dann in den Kanton GR resp. zur OLG Chur gekommen?
Da ich immer sportlich vielseitig aktiv und überaus gerne in den Bergen unterwegs war, suchte ich nach dem Studium eine Stelle in Graubünden. Bei den Emser Werken fand ich einen idealen Arbeitsort, allerdings in Sachen OL stand ich etwas neben den Geleisen, denn Autofahren konnte ich damals 1963 noch nicht und ausser dem kantonalen OL gab es nur vereinzelt Gelegenheit, mit der Karte auf Postenjagd zu gehen. Aber was soll’s ich war frisch verheiratet!

Die Katze kann das Mausen nicht lassen, steht irgendwo geschrieben. Und, nachdem ich bereits 1958 im Aargau einen Nacht-OL organisiert hatte, liessen mir die herrlichen Wälder in Graubünden keine Ruhe mehr. 1964 schrieb ich im Rahmen des Schweizer OL-Tages einen OL aus. Im Sportclub Emser Werke fand ich in den Reihen der Fussballer und Tischtennisspieler bereitwillige Unterstützung. Über 100 Teilnehmerinnen starteten In 6 Kategorien im Bonaduzer-Wald. Das war ein guter Anfang und es folgten danach ja noch einige Veranstaltungen!

1969, ich weilte zu dieser Zeit für meinen Arbeitgeber vorübergehend in Spanien, wurde ich von Linus Wetzstein angeschrieben, ob ich Interesse an einer zu gründenden OLG Curia hätte. Die Churer Jungwächter Claudio Caluori, Fredi Seiler und Linus Wetzstein, sowie Marianne Brechbühl, Doris Maissen und Urs Kamm hätten das Gefühl, der OL würde in Graubünden zu wenig gefördert. Da brauchte ich nicht lange zu überlegen, da half ich gerne mit. 1970 wurde im OL-Buch mit dem Kapitel OLG Chur zu schreiben begonnen.

Warum gab es eigentlich keine Werksmannschaft ‚Emserwerke’?
Auf einen werksinternen OL-Kurs folgten noch zwei OL’s im Werksgelände, heute würde man dies Stadt- oder Kurzstrecken-OL nennen. Danach machte ich hier nicht weiter. Irgendwie war die Zeit noch nicht reif dazu. Andererseits hatte ich im Freundeskreis starke Läufer die mehr Interesse zeigten am OL. Aber wenn es ums Organisieren von Orientierungsläufen ging, waren die Leute vom Sportclub Emser Werke immer zuverlässig zur Stelle.

Über Jahre hast du insbesondere zusammen mit Urs Kamm sehr zielstrebig die Geschicke der OLG Chur geleitet. Was war deine Motivation dazu?
War es nur der OL-Virus? Wohl kaum, aber dem OL-Sport verdanke ich unzählige, tolle Erlebnisse. Dies durch Vereinsarbeit, Organisieren von Trainings und Wettkämpfe in unserer herrlichen Natur an die Jugend weiter geben zu können, das macht doch Spass. Überdies hatte ich mit Urs aber auch im Vorstand und im Verein eine motivierende Zusammenarbeit.

Besonders überrascht hast du uns OLG-Mitglieder jedoch mit deinem Abgang von der aktiven OL-Bühne. Ich kann mich noch gut erinnern, als du nach der letzten Etappe des 5-Tage OL 1996 in Brunnen erzählt hast: ‚So - dies war mein letzter OL’. Was waren deine Beweggründe, dich vom OL-Leben zurückzuziehen?

1989 musste ich eine Krankheit akzeptieren. Nach einer Bypass-Operation fand ich dann nochmals zurück zu den OL-Wettkämpfen. Dasselbe wie früher war es aber nicht mehr und mit weniger wollte ich mich nicht zufrieden geben. Also aus, vorbei. Es war so schön, dabei gewesen zu sein.

Wie wir jetzt rückblickend feststellen, konntest du nicht lange stillhalten. Welches waren deine neuen Hobbys? Wie sieht heute dein sportlicher „Wochenplan“ aus?
Die Bandbreite der sportlichen Aktivitäten zwischen Stillhalten und Wettkampfsport ist doch recht gross. Meine Vielseitigkeit erleichterte mir das Leben in OL-Abstinenz natürlich gewaltig. Als Ausdauersportler findet man schnell Ersatz. Mit dem wöchentlichen „Turnen“ in der Männerriege Domat/Ems kann ich einen Basisanteil der Konditionsfaktoren wie auch die Lust am Ballspiel befriedigen. Gerade zur rechten Zeit kam für mich der Start des Mountain-Biken. Und so bin ich heute öfters mit dem Bike unterwegs und nicht selten auf den 7ner Wegli pardon „Singletrails“ anzutreffen. Im Winter tausche ich logischerweise das Bike gegen die Langlaufskis.

Dass ich das Kartenlesen nicht völlig missen muss, habe ich einer neuen Tätigkeit zu verdanken. Seit ein paar Jahren bin ich im Senioren-Kontaktkreis Domat/Ems als Wanderleiter tätig und führe unsere rüstigen Pensionierten durch die herrliche Bergwelt. Jetzt macht er wieder OL, höre ich dann manchmal von hinten, wenn ich zuviel „querlaufe“. Das macht Spass!

Nicht zu vergessen: der Gemüsegarten fordert auch seinen Einsatz. Ein Hobby das mir seit den 70er Jahren viel Spass bereitet.

Deine Reiselust ist ja nach wie vor ungestillt. Wo führen deine ‚Kurzaufenthalte’ resp. Ferien jeweils hin?
Im Frühling und meist auch im Herbst sind wir, Conchita und ich in der Heimat von Conchita in den Bergen von Mallorca in den „Ferien“. Zur Tradition ist auch eine mehrtätige Velotour mit Kollegen geworden, wie zum Beispiel heuer die „Dolomiten-Transalpin“ Route.

Was ist Dein Lieblingsgericht?
Paella, was den sonst!

Wie du ja auch weisst, wird die OLG Chur im 2010 die SPM/ LOM im Got Grond durchführen. Kann man/frau mit einem ‚Comeback’ von Albert rechnen?

SPM/ LOM - was bedeuten diese Abkürzungen? Aber wenn ich bei der Durchführung helfen kann, bin ich dabei. Mal sehen im Terminkalender!

Was erwartest du von den OLG-Mitgliedern?
Freude macht das OL-Erlebnis sofern man etwas trainiert, und diese Freude führt zu Erfolgen, wie wir sie gegenwärtig mitverfolgen können. OL-Vergnügen geniessen und die Freude weiterverbreiten!

Albert, ich danke dir herzlich für das interessante Gespräch!
Silvio Sauter

 

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