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Kolumne Nr 13: Braucht die Welt Biathlon-OL?

Ob die Welt das auch noch braucht, war mein erster Gedanke beim Anblick des Werbeplakates zum "Biathlon Orienteering" am diesjährigen O-Ringen in Boden...
Doch da es an einem Ruhetag nicht viel zu tun gibt und ich zu den neugierigen Spezies dieser Erde gehöre, galt es dies auszuprobieren.

Kurzum fuhren wir zu fünft zu einem der unzähligen Schiessständen, welche rund um die Garnisonsstadt Boden an der Grenze zu Finnland angesiedelt waren und meldeten uns an.


Den ganzen Tag über ermöglichte der schwedische Verband von Orienteringsskytte (was übersetzt soviel wie Schiess-OL heisst) eine Art Schnupperwettkampf in der uns bis dato unbekannten Sportart. Bestens betreut mit deutscher Übersetzung von Peer Svendsen wurden wir in die Geschichte und in die Geheimnisse des OL-Biathlons eingeführt. Wir erfuhren, dass der Biathlon-OL ursprünglich als Linien-OL ausgetragen wurde. Der Linien-OL ist eine Trainingsform des Orientierungslaufes, bei der auf der OL-Karte, statt einer Postenkombination eine Linie eingezeichnet ist, welche abgelaufen werden soll. Entlang dieser Linie befinden sich im Gelände immer wieder Posten, welche es gilt an der richtigen Stelle auf der Karte mit einer Nadel ein Loch zu stechen. Pro Millimeter Differenz zum richtigen Standort, bekommt man Strafzeit. Dies OL-Form wurde mit dem Schiessen und deren Strafminuten kombiniert. Wie der klassische Fuss-OL liegt die Herkunft dieser Sportart unübersehbar in den militärischen Wettkämpfen. Und deshalb ist Biathlon-OL vor allem in Ländern mit einer Tradition von Sportsoldaten, wie zum Beispiel Dänemark, Deutschland oder Schweden bekannt.

 

Doch genug der Theorie, wir hatten uns ja für den Praxistest angemeldet. Als erstes stand die Handhabung des dem Biathlon entlehnten Kleinkaliber-Gewehrs auf dem Programm. Strengstens kontrolliert durch einen Schiessleiter durften wir drei Mal fünf Schuss auf die grosse Biathlonscheibe abgeben. Erstaunlicherweise war ich trotz meiner bescheidenen Schiesserfahrung kein hoffnungsloser Fall und konnte einige Treffer aufweisen. Währenddessen lieferten sich unsere von ihrer Militärzeit geprägtem Männer bereits inoffizielle Schiessduelle...
Nachdem das Gewehr soweit eingeschossen war, wurden wir noch mit den Modalitäten des Wettkampfes vertraut gemacht. Nach einer kleinen Aufwärmrunde, bei der ich in weiser Voraussicht übungshalber gleich mehrmals die Strafrunde absolvierte, ging es endlich los.

Der Start erfolgte in Minutenabständen und als erstes war ein kleiner OL-Sprint von ca. 1.4 Kilometer zu absolvieren. Ohne dass die Zeit gestoppt wurde, musste man in die Arena laufen, das Gewehr fassen und liegend fünf Schuss auf die 50 Meter entfernte Scheibe abgeben. Es versteht sich von selbst, dass die meisten von uns zwei Treffer auf die grosse Scheibe (Durchmesser 11.5 cm) landeten und bei den drei Schüssen auf die kleine Scheibe (Durchmesser: 4.5 cm) eher scheiterten. Jeder Fehlschuss wurde analog zum Langlauf-Biathlon mit einer kleinen Laufrunde bestraft. Anschliessend ging es ohne Zeitverzögerung weiter auf die zweite OL-Runde mit fünf weiteren Posten auf rund 1.3 Kilometern, welche durch eine weitere Schiessrunde und allfällige Strafrunden abgeschlossen wurden. Erst dann durfte das Ziel gestempelt werden.
Fazit meines ersten Biathlon-OLs: Fern jeglicher Automatismen war dies eine Herausforderung für Hirn und Körper, wie ich es noch nie erlebt hatte. Die Schwierigkeit im OL-technischen Bereich war vor allem keinen Fehler in der Buchhaltung zu machen; das kannte ich von den vielen OL-Sprinttrainings zur Genüge. Doch was das Hirn im Schiessstand zu leisten hatte, war eine echte Herausforderung. Das sah in etwa so aus: Karte in Unterhose stopfen, im Gebäude nicht rennen nur laufen, Gewehr nehmen, Magazin einsetzen, Kompass und Batch abziehen, in Liegeposition bringen, Ladebewegung, Zielen und Schuss, zitternde Finger und Arme beruhigen, das Pochen des Pulses im Kopf ignorieren, weiter vier Male Ladebewegung und Zielen und Schuss, Magazin entnehmen, Gewehr am Hals packen, Kompass und Batch mitnehmen, Gewehr zurückstellen, aus dem Schiesstand laufen, Strafrunden absolvieren, Karte aus Unterhose klauben und anschliessend versuchen die Konzentration auf den OL-technischen Bereich zu lenken! Interessanterweise war die Konzentration durch das Schiessen dermassen gesunken, dass ich auf der zweiten Runde prompt einen Posten überlief und zurück musste, um anschliessend noch weitere Anfängerfehler auf mein Konto zu verbuchen. So durfte ich am eigenen Leibe meine mentale Schwäche erfahren. Aber, gerade deswegen hat es besonders viel Spass gemacht. Eine echte Herausforderung für Körper und vor allem für den Geist.

Da wir den oben beschriebenen Plauschwettkampf spasseshalber als inoffizielle Schweizer Meisterschaften taxierten, wurden wir von den schwedischen Biathlon-OL-Förderen mit entsprechenden Preisen ausgestattet und zu Podestfotos aufgefordert. Als Biathlon-CH-OL-Meister durfte sich bei den Herren Chris Kim feiern lassen und bei den Frauen -mangels Konkurrenz- meine Wenigkeit...
Rangliste und schwedische Biathlon-OL-Seite
Fotos und Kartenausschnitt

Biathlon-OL? Ich würde zur Wiederholungstäterin werden...

Gabriela Diethelm

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