Skip to main content

10 Jahre danach: 10 Fragen an die Weltmeister von Trin: Thierry Gueorgiou

Dank der kompetenten und mutigen Übersetzerin Muriel Schuler (M.S) wurde der langersehnte Traum von Gabriela endlich wahr: Ein Interview mit dem elffachen Weltmeister und OL-Technikspezialist Thierry Gueorgiou (T.G). Dieses wurde an der dritten Etappe des O-Ringens 2013 geführt und nach Thierrys Gesamtsieg an der fünften Etappe durften wir selbstverständlich noch Fotos mit dem Sieger schiessen. Dass Thierry sich während des halbstündigen Interviews gleichzeitig massieren liess, hatte einen zusätzlichen Unterhaltungswert.


M.S: Erinnerst Du Dich an den 8. 8. 2003?

T.G: (Lacht verschmitzt) Sicher, das war mein erster Weltmeistertitel an der WM 2003 in der Schweiz (Anmerkung der Redaktion: T.G. wurde damals in Trin auf unserer OL-Karte Mitteldistanz-Weltmeister. Wir klären ihn auf, dass wir der Club mit der Karte wären. Dabei zeigt er sich hocherfreut und gerät ins Schwärmen) : Der Wald bei Trin war einer der Schönsten, wobei mir persönlich die noch technischeren Gebiete des WM-Trainings tags zuvor um den „grünen See“ (Anmerkung der Redaktion: Caumasee & Crestasee) noch besser gefallen haben. Leider bin ich seither nie mehr in diesem Gebiet gelaufen. Sollte die OLG Chur dort einen Lauf organisieren, würde ich mich auf eine Einladung ausserordentlich freuen...

M.S: 10 Jahre sind seit diesem Titel vergangen. Was hat sich für Dich seit damals verändert?
T.G: Es hat sich alles verändert! Vorher war ich Student, nach dem Titel bekam ich erste Sponsoren und bin seither OL-Profi. Vorher wusste ich nicht, ob eine Spitzensport-Karriere für mich überhaupt möglich sein würde.

M.S: Welcher Titel war für Dich die grösste Überraschung?
T.G: Sicher der Erste in Trin. Es war die Bestätigung, dass nach 10 Jahren harter Trainingsarbeit mein Traum wahr werden würde.

M.S: Du wurdest berühmt als „King of the Middle-Distance“. An der WM in Frankreich im 2011 durftest Du Dich das erste Mal als Weltmeister über die Langdistanz feiern lassen und dieses Jahr hast Du in Finnland gleich nachgedoppelt. Welche Distanz liegt Dir mehr am Herzen?

T.G: Ganz klar die Mitteldistanz, weil diese Disziplin meiner Ansicht nach mehr Kopfarbeit verlangt und das Laufen nicht ganz so entscheidend ist. Ich habe aber auch nichts gegen einen Sprint in einer technisch anspruchsvollen Altstadt wie zum Beispiel Chur, Rapperswil oder auch in einem der kleinen Dörfern Italiens einzuwenden. Für mich als Profi ist klar, dass sich der Sprint am ehesten eignet, um OL zu den Zuschauern transportieren zu können.

M.S: Du musst Dich hier am OL für den Bustransport in die Schlange stellen. Im Ziel gibt es auch für Dich Wasser aus der Spritzkanne. Wie ist es für Dich als OL-Star an einem Breitensportanlass wie z.B. O-Ringen?
T.G: Ich bevorzuge solche Breitensportanlässe. An der WM hat es keine Zuschauerläufe gleichzeitig und man ist deshalb oft alleine im Wald (oder in der Quarantäne). Ich geniesse es, wenn viele Läufer gleichzeitig im Wald sind, auch wenn die meisten ein wenig langsamer als ich unterwegs sind (schmunzelt).

M.S: Die schwedischen OL-Läufer meinen, dass das Gebiet des diesjährigen O-Ringens zu den einfacheren gehört. Du hast vorgängig noch OL-technische Tipps kommuniziert. Was meinst Du dazu?
T.G: Ich denke, das Gebiet ist mit den klaren hügeligen, fast „gebirgigen“ Geländeformen ähnlich wie in Lyon/St. Etienne, wo ich aufgewachsen bin. Für die Schweden ist dies eher untypisch. In Uppsala, wo ich wohne, ist es sehr flach und eine andere Herausforderung. Hier kann man sich eher einmal an einem klaren Hügelzug auffangen. Als "einfach" würde ich das Gelände trotzdem nicht bezeichnen. Wir hatten an den ersten beiden Etappen auf jeden Fall auch sehr schwierige Postenstandorte.

M.S: Du hast die Nordic-O-Tour mit seinen K.O.-Sprints bewusst ausgelassen. Weshalb?

T.G: Ich musste mir Prioritäten setzen: Für dieses Jahr waren dies die WM und der Gesamtsieg des O-Ringens, der einzige Titel, den ich noch nie gewonnen habe! Den Weltmeistertitel habe ich gewonnen, zum O-Ringen-Titel bin ich erst auf halbem Weg...
Durch die Nicht-Teilnahme an der Nordic-O-tour werde ich den Weltcup nicht gewinnen. Dafür habe ich während dieser wichtigen Zeit in Finnland auf die WM trainiert.

M.S: Du kommst aus dem Gourmetland Frankreich. Du wohnst allerdings in Schweden. Was meinst Du zur schwedischen Küche?

T.G: (Anmerkung der Redaktion: T.G. wirft einen Blick zu seiner Partnerin Annika Bilstam, die am Massagetisch nebenan liegt, übersetzt für sie die Frage und wartet deren Reaktion ab. Anschliessend denkt er nochmals intensiv nach und gibt die folgende diplomatische Antwort): Ich esse sehr gerne Früchte. Hier in Schweden sind die meisten Früchte und das meiste Gemüse importiert und entsprechend nicht immer verfügbar, aber die schwedische Küche ist insgesamt gesünder als die französische. So gibt es hier sehr gesunde Müeslis und Joghurts. Die Auswahl an Fisch ist in Schweden erstaunlicherweise weniger gross als in Frankreich. Über den Käse lässt sich kaum Positives sagen. Bei uns zu Hause kochen Annika und ich abwechslungsweise.

M.S: Welches ist Deine liebste OL-Karte?
T.G: Diese Frage ist schwierig. Das Gebiet von Millau in der Region Mittel-Pyrenäen ist genial. (Anmerkung der Redaktion: Hier ein Kartenbeispiel aus dieser Region). Auch die Karten um die Fiorde von Tromsö in Norwegen sind sehr attraktiv. Und in diese Kategorie fällt auch Trin!

M.S: In welchem Gebiet sollte Deiner Meinung nach einmal eine WM organisiert werden?

T.G: Ich denke in jedem Land gäbe es Gebiete, wo man Orientierungslauf betreiben könnte. Unter dem Aspekt der Verbreitung dieser Sportart, würde ich mir eine WM in Afrika, zum Beispiel in Kenia wünschen.

M.S: Wir danken herzlich für das Interview.


Zum Ende der 10 Interview-Fragen tauschen wir uns mit Thierry noch unverfänglich über die Stimmung am O-Ringen und seine Zukunft aus. Er denkt, dass er mit seinen 34 Jahren langsam aber sicher auf das Ende seiner Spitzensport-Karriere zusteuere. Er habe zwar einen Master in Biologie, äusserte aber den Wunsch, lieber als Trainer in Schweden zu bleiben. Wir dürfen also gespannt sein!
Wie wir unterdessen gesehen haben, konnte sich Thierry Gueorgiou seinen Traum von Gesamtsieg des O-Ringens erfüllen.

Als Rückblick an den nicht nur für Thierry unvergesslichen Tag am 8. 8. 2003 kannst Du hier auf der alten Website der OLG Chur noch die Fotos vom damaligen Podest und der Organisation abrufen.
Mehr von
Thierry Gueorgiou in einem tollen Portrait von Petzl: Hier!

Thierry Gueorgiou bei der Massage...
...und gleichzeitig beim Interview mit der OLG Chur!

Neuste Berichte

Am Freitag starten die OL-Weltmeisterschaften in Edinburgh. Mit dabei ist auch OLG-Chur-Mitglied Florian Attinger. An der zweiten Sprint-WM in der...
  Zum Auftakt der Junioren-Weltmeisterschaften in Tschechien ist Elia Gartmann gemeinsam mit Rachel Marxer, Loïc Berger und Seline Sannwald z...
Am Wochenende vom 12./13. Oktober findet in Tirol der Arge Alp 2024 statt. Das ist ein zweitägiger Länderkampf, bei dem man in einer Staffel und ei...
Am Wochenende vom 31. August/1. September reisen wir mit dem Nachwuchs der OLG Chur an zwei regionale OLs im Misox: Am Samstag ist es der vierte La...